FORSCHUNGSVORHABEN
In Kooperation mit dem Lehrstuhl Ökonomie des Planens und Bauens, Prof. Guido Spars
Was sind Raumunternehmen?
Als Raumunternehmen sind Initiativen und Projekte zu verstehen, die als Do-it-yourself-Projektentwickler eine innovative Form der Stadtgestaltung „von unten“ betreiben und über die bislang noch wenig bekannt ist. Sie sind häufig keine Fachleute der Stadtentwicklung und der Immobilienwirtschaft. Zur Verwirklichung ihrer Projekte und Nutzungsideen in städtischen Räumen erobern bzw. entwickeln sie sukzessive Immobilien und Freiflächen. Dabei steht nicht die Renditeerwartung, sondern die Realisierung ihrer Visionen, ihrer Vorstellungen von lebens- werter Stadt und Gemeinschaft im Vordergrund. Mit den Projekten schaffen sie dabei häufig auch einen ideellen Mehrwert für Stadt und Quartier.
Raumunternehmen sind neue Akteure der Stadtentwicklung und des zivilen Engagements. Sie stehen für eine zukunftsfähige Nachhaltigkeit, denn sie beleben und nutzen brachliegende Ressourcen (freie Räume, Immobilien oder Brachflächen ebenso wie Ressourcen ehrenamtlicher Arbeitskraft und Engagements). Sie schaffen passgenaue und flexible Lösungen für Flächen und Immobilien, die aus den herkömmlichen Verwertungszyklen gefallen sind. Damit eröffnen sie Plattformen für Teilhabe und Mitbestimmung. So kann der Stadtbewohner zum Ko-Produzenten (wie auch Ko-Investor) seiner Stadt werden. Durch Ko-Produktion und Ko-Investition entstehen neue Werte und Möglichkeiten der Partizipation und der aktiven Mitgestaltung auf dem Weg zu einer zukunfts- fähigen, nachhaltigen Stadt.
Hintergrund des Forschungsvorhabens
„Raumunternehmen — Nutzergetragene Stadt- und Projektentwicklung“
Derzeit widmen sich die Lehrstühle Landschaftsarchitektur (Prof. Klaus Overmeyer) und Ökonomie des Planens und Bauens (Prof. Dr. Guido Spars) der Bergischen Universität Wuppertal einem neuen Forschungsthema: den Raumunternehmen. Seit Herbst 2012 wird in einer Voruntersuchung anhand der folgenden sechs Fallstudien untersucht, welches Potenzial diese Form der nutzergetragenen Projekt- und Stadtentwicklung hat:
- ExRotaprint in Berlin-Wedding – nutzergetragene Umnutzung einer ehemaligen Druckmaschinenfabrik
- Gängeviertel in Hamburg – protestinitiierte Entwicklung einer historischen innerstädtischen Enklave
- Landlmühle in Stephanskirchen bei Rosenheim – Entwicklung einer Mühle
- Saline 34 in Erfurt – Projektentwicklung durch Jugendliche
- Schieblock in Rotterdam – Transformation eines Büroquartiers
- Schloss Tempelhof in Kreßberg – gemeinschaftliche Dorfentwicklung
Im Fokus des Forschungsvorhabens stehen neben den Fallstudien unter anderem die folgenden Querschnittthemen:
Quartiers- und Stadtentwicklung
Raumunternehmen folgen dem Prinzip einer organischen Stadtentwicklung, welche von bestehenden Raum- und Nutzungsstrukturen ausgeht und sie zum Motor künftiger Entwicklungen macht. Wie wirken Raumunternehmen über die Projektgrenzen hinaus auf ihr Umfeld und das Quartier? Welche Bedeutung haben sie für die Quartiers- und Stadtentwicklung?
Do-it-yourself-Projektentwicklung
Raumunternehmen werden meist dort aktiv, wo klassische Vermarktungsanstrengungen nicht wirken. Wie laufen Prozesse der Projektentwicklung durch Raumunternehmen ab, wie grenzen sich diese von klassischen, immobilienwirtschaftlichen Projektentwicklungen ab? Was lässt sich voneinander lernen?
Organisationsformen
Selbstorganisation und sukzessive Prozessgestaltung sind wesentliche Bestandteile der Entwicklung von Raumunternehmen. Dabei wird das Verhältnis von Offenheit und Festlegung, Kontrolle und Freiheit kontinuierlich ausgehandelt. Welche Organisationsformen wenden Raumunternehmen an und wie sehen Steuerungsstrukturen aus? Wie gestaltet sich das Verhältnis zwischen Organisationsformen der Raumunternehmen und denen externer Akteure?
Präsentation der ersten Forschungsergebnisse
Am 22. April 2013 werden sich diese sechs Fallstudien in einer öffentlichen Abendveranstaltung (17:30-19:30 im Mirker Bahnhof) in Wuppertal präsentieren und anschließend in einer moderierten Podiumsdiskussion über die Besonderheiten, die Bedeutung und die Potenziale von Raumunternehmen diskutieren. Eine begleitende Wanderausstellung stellt die Fallstudien in kurzen Portraits vor.
Diese öffentliche Veranstaltung bildet den Auftakt für eine Expertenwerkstatt am darauffolgenden Tag. Ziel der zweitägigen Expertenwerkstatt ist es die Potenziale von Raumunternehmen stärker in den Fokus der Öffentlichkeit zu rücken und das Thema als Forschungsgegenstand zu etablieren. Zusammen mit den Akteuren der Fallbeispiele und Experten aus Forschung, Immobilienwirtschaft, Organisationsentwicklung und Architektur/ Städtebau gilt es:
- die Entwicklungsfaktoren der Projekte zu identifizieren,
- übergreifende Themen wie Nutzungsentwicklung, Organisationsformen, Finanzierungsmodelle, Raumstrategien zu diskutieren und zu vertiefen und
- für eine weiterführende Forschung relevante Forschungsfragen und -methoden herauszuarbeiten.
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zuletzt bearbeitet am: 06.12.2013